Paula und Lou - Alle lieben Rüdiger by Judith Allert

Autor:Judith Allert [Allert, Judith]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: arsEdition GmbH
veröffentlicht: 2015-11-10T16:00:00+00:00

»Kleine, Else«, krächzte sie überrumpelt. Obwohl das ihr Name war – in dieser Reihenfolge klang er gewöhnungsbedürftig.

»Köstlich«, lachte Herr Schröder und fragte: »Darf ich, Madame?« Er setzte sich neben sie.

Paula war von Herrn Schröders vornehmem Getue so abgelenkt, dass sie eine Sekunde nicht aufgepasst hatte und Tommy ihrer Obhut entwischt war. Er näherte sich dem Sofa, und eins war klar: Jeden Moment würde Herrn Schröders schöne, saubere Hose mit Schokoflecken von Tommys Schokofingern geziert sein. (Tommy hatte eigentlich immer Schokofinger.)

»Tommy! Stopp!«, rief Paula.

»Schon gut. Komm mal her, du kleiner Racker.« Rüdiger Schröder winkte Tommy zu sich. Da wurde er auf einmal ganz schüchtern und zog kichernd den Kopf ein. Er war gewohnt, dass man in Deckung ging, wenn er einen Angriff startete.

»Was hast du denn da?« Herr Schröder schaute Tommy verwundert an. Dann griff er hinter Tommys Ohr und hatte auf einmal einen Schokotaler in der Hand.

Herr Schröder lachte. »Du solltest dich öfter hinter den Ohren waschen.«

»Schoki«, krähte Tommy verdutzt.

Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Auch wenn das mit der Schokolade hinter dem Ohr natürlich ein billiger Trick war (jeder, der Kinder mochte, konnte Schokolade hinter Kinderohren hervorzaubern, zumindest bis die Ohren ins Vorschulalter kamen) – Herr Schröder war wirklich so etwas wie ein Zauberer. Ein Gute-Laune-Zauberer. Sein Grinsen war hochansteckend und sein Charme unwiderstehlich.

Paula und Lou saßen in Paulas Zimmer. Oder in Paula und Lous Zimmer. Wenn es nach Paula ging, war es natürlich noch immer ihr Zimmer – und sie ließ Lou großherzig darin wohnen.

»Wie sie geschaut hat!« Wieder bekam Paula einen Kicheranfall.

»›Kleine, Else‹«, machte Lou ihre Oma mit näselnder Stimme nach. »Und wie klein! Die wäre vor Scham fast im Boden versunken.«

»Zum Glück war der Handkuss nur angedeutet«, meinte Paula. »Sonst hätte Herr Schröder eine Mundspülung gegen Elses Handcreme gebraucht.«

»Er scheint Oma echt nett zu finden. Vorhin beim Essen hat er sie ständig so angesehen. Und ihr jeden Wunsch von den Lippen abgelesen.« Mit tiefer Stimme sagte Lou: »›Noch einen Schluck Wasser, Madame? Darf ich Ihnen das Gemüse reichen?‹«

»Dabei scheint er sonst ganz normal zu sein«, grinste Paula.

Dann war es Zeit, sich wieder der Mission Glücksstein zuzuwenden. Paula musste noch die Einträge im Notizbuch auf den neuesten Stand bringen.

»Eigentlich irgendwie schade, wenn Fabian das Ganze morgen zugibt. Dann ist die Akte Glücksstein ein für alle Mal geschlossen und wir haben keinen Fall mehr«, überlegte sie, während sie in ihrer Schultasche nach ihrem Mäppchen kramte.

»Spinnst du?«, entfuhr es Lou. »Ich mache einen Salto, wenn ich den Stein endlich wiederhabe!«

»Sag mal, hast du heute Mittag zufällig mein Mäppchen eingepackt?«, fragte Paula da. Auch Lou durchwühlte ihre Schultasche. Auf einmal rutschten ihre Mundwinkel nach unten.

»Oh, oh.«

Paula sah sie fragend an. »Ist schon wieder was verschwunden? Oder hast du ein Gespenst gesehen?«

Als Antwort hielt Lou ihr einen Gegenstand vor die Nase. Einen Stein. Er schimmerte lila.

Das mit dem Salto ließ Lou aber bleiben.

»Ich hatte die Schultasche doch durchsucht. Als Allererstes!« Lou strich mit dem Finger über ihren Glücksstein. Er hatte eine kleine Kerbe, die vorher nicht da gewesen war. Kein Wunder, dass er eine Macke bekommen hatte, wenn er tagelang in der Schultasche herumgekullert war.

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